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Helges Leben
Fotos: Thomas Quartier
Info
Zum Stück
„…Ich hätte heute Lust auf ein ganz normales kleines Menschenleben.“ – „Haben wir. Machen wir. Gute Wahl.“ (Sybille Berg: Helges Leben, Deutscher Theaterverlag, S.3) Geäußert wird dieser Wunsch von einem Tapir. Denn Tapir und Reh sehen fern. Heute im Programm: Helges Leben. Angeboten von Frau Gott, Herrn Tod und deren Entertainment-Firma.
Ja, die Verhältnisse haben sich geändert. In der Welt, die Sibylle Berg in ihrem Stück erschaffen hat, wurden die Menschen von den Tieren abgelöst, und diese regieren jetzt die Welt. Und sie ergötzen sich an den Problemen und Freuden der niederen Spezies „Mensch“. Da taugt der psychisch labile Helge auch ganz gut für einen lustigen Abend. Im Taumel zwischen Hass auf seine Familie, auf seinen Vater, Mordphantasien, die in die Tat umgesetzt werden und dem Wunsch, doch auch einmal von einem Mädchen geliebt zu werden, wird Helge von seiner Person gewordenen Angst unterstützt. Das kann nicht gut gehen und er muss scheitern. Die Tiere verfolgen diesen Untergang, mal gelangweilt, mal amüsiert. Zu guter Letzt fordert Helge eine zweite Chance; “Ich weiß jetzt, wie es geht.“ Aber das liegt nicht in seiner Macht, er ist nur Spieler in einem fragwürdigen Spiel, das wir Leben nennen. Entscheidungsfreiheit, Selbstbestimmung sind außer Kraft gesetzt. Wenn es den Tieren zu langweilig oder zu bunt wird, können sie einfach ausschalten und zu Bett gehen.
Darin liegt die Provokation dieses Stückes: Gibt es überhaupt etwas, das geändert werden könnte? Was ist unausweichlich, was ist Spaß und was ist Ernst? In kurzen Sequenzen, ohne Sentimentalität, in wechselnd aggressiven und poetischen Zügen sind die Zuschauer gefordert, ihre Haltung dazu zu finden, Stellung zu beziehen zu einem Spektakel, das lustvoll den Voyeurismus in Szene setzt.
Zur Autorin
Sybille Berg wurde am 2.Juni 1962 in Weimar geboren und lebt heute in Zürich. Bevor sie begann, als Autorin zu arbeiten, absolvierte sie eine Ausbildung zur Puppenspielerin, arbeitete dann jedoch in verschiedenen Berufen. Als Autorin war sie selbst sehr kritisch, veröffentlichte erst spät Werke, mit denen sie dann jedoch sehr erfolgreich war. Seit ihrem ersten Erfolg 1997 mit „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“ arbeitet sie als Autorin unter anderem für Zeitungen oder Zeitschriften und schreibt Bühnenstücke. Als Co-Regisseurin inszenierte sie zuletzt mit Hasko Weber am Schauspiel Stuttgart ihr eigenes Stück „Die Angst reist mit“.
Zur Gruppe
Die Schultheater AG der Kaufmännischen Schulen und der Mathilde-Planck-Schule besteht aus acht SchülerInnen, die seit September 2012 gemeinsam proben. Von anfänglich 14 SchülerInnen haben diese genügend Ausdauer, Disziplin, Ehrgeiz, Mut und vor allem Lust am Spiel entwickelt, um trotz Abiturs- und Prüfungsdruck, trotz hoher schulischer und zeitlicher Belastung diese Inszenierung gemeinsam mit dem Team von Tempus fugit zu wagen. Wie immer waren die ersten Monate der Probenzeit der Gruppenfindung und der Stückauswahl vorbehalten. Intensiv wurde an dem Rüstzeug für die Schauspielarbeit gearbeitet: Präsenz und persönlicher Ausdruck, Körpersprache, gesprochene Sprache und rhetorische Fähigkeiten geschult. Dann erfolgte im Dezember die Stückauswahl, die Rollenfindung, die Szenenfindung. Stets waren die SpielerInnen mit gefragt, ihre eigene Ideen und Kreativität, Interpretationen sind grundlegend für dieses Inszenierungskonzept. Wöchentlich, auch in Ferienzeiten, an Wochenenden wurde geprobt. Höhepunkte waren sicher das Probenwochenende auf einer Hütte, die Wochenendproben und die lange Endprobenphase. Arbeit, die viel von den SpielerInnen abverlangt, aber auch viel gibt. Denn es gilt einzutauchen. Theater muss fordern- und braucht mehr als nur ein oberflächliches Engagement. So war und ist es schon lange Tradition des Schultheaters dieser beiden Schulen. Inszenierungen, die vorgeschlagen wurden zum „Theatertreffen der Jugend“ nach Berlin, zum Schultheatertreffen der Länder, die Auszeichnung für „Andorra“ mit der Präsentation in Stuttgart, der Anklang für die Eigenproduktionen, die von anderen Schulen als Stückvorlagen übernommen wurden, für neue Raumgestaltungen, wie zum Beispiel bei Kafkas „Amerika“ Inszenierung in allen Stockwerken, und die Zusammenarbeit im letzten Jahr mit der Frauenberatungsstelle zu dem Stück „Yvonne is(s)t keine Bitterschokolade“ zeigen, wie vielseitig Schultheater sein kann. Auch diese Inszenierung betritt Neuland mit dieser Text- und Spielvorlage. Das Theater selbst wird hier infrage gestellt. Mal sehen ob es überleben kann…
Seit 1995 hat diese Theater AG viel von den SpielerInnen und auch von der Lehrerschaft verlangt. Waren früher in den Theater AGs meist zwischen 35 und mehr als 20 SpielerInnen, so ist es heute fast schon normal, dass von 14 nur acht übrig bleiben. Der Druck scheint gewachsen zu sein, die Unterstützung und die Anerkennung dessen, was geleistet wird, hinkt oftmals dem Prozess hinterher. An beiden Schulen haben die Schulleitungen nie an der Theaterarbeit gezweifelt oder diese infrage gestellt. Das ist nicht selbstverständlich. Dafür möchte ich mich persönlich bedanken. Hier zu inszenieren macht Spaß, gibt genügend Freiraum auch für eigene Herausforderungen, wie aktuell mit dem Regiekollektiv. Die Schülertruppe hat einmal mehr bewiesen, was es bedeuten kann, wenn jugendliche Motivation und Power aufeinandertreffen. Tempus fugit SpielerInnenn und Fachkräfte unterstützten zusätzlich bei Schauspielproben, bei Kostümbeschaffung und Kostümauswahl, Bühnenbau und Bühnentechnik. Speziell für diese Produktion begleiten drei Tempus fugit SpielerInnen das Geschehen mit eigenen Gesangspartien.
Ihre Karin Maßen
Wir danken
Wir danken ganz herzlich für eine immer ausgezeichnete und vertrauensvolle
Zusammenarbeit und Unterstützung durch Herrn OstD Eickmeier und Frau OstD‘in Mareis und den Kollegien der beiden Schulen.
Für die Telefonate, mündliche und schriftliche Absprachen besonderen Dank an Frau Koerl und den Schulsekretariaten. Allen Hausmeistern und Reinigungskräften herzlichen Dank für ihre Hilfsbereitschaft und ihr Entgegenkommen. Frau Lang für ihre Geduld, persönliche Anteilnahme und ihr Entgegenkommen bei den Proben und Aufführungen im Foyer. Allen Eltern und LehrerInnen, die durch die Proben immer wieder gefordert wurden. Gefördert vom Kultusministerium für Kultus, Jugend und Sport über den Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg e.V.
Wir danken
Daten
Von: Sibylle Berg
Gruppe
Schultheater AG der Kaufmännischen Schulen und der Mathilde-Planck Schule
Credits
Es spielen:
Raka Korngiebel
Robin Karle
Ana Reinhard
Philippe Bürgin
Svenja Pfeiffer
Marina Sraschewski
Anna Grether
Rolf Jürgens
Jeremiah Knorpp
Produktionsteam
Regie
Karin Maßen
Pauline Harm
Jeremiah Knorpp
Jens Lamprecht
Produktionsleitung
Pauline Harm
Jeremiah Knorpp
Kostüm
Jens Lamprecht
Pauline Harm
Jeremiah Knorpp
Bühnen-/Ton-Lichttechnik
André Kulawik
Lukas Kettelhack
Plakat- & Programmheftgestaltung
Alexander Stutz
Benedikt Arnold
Gesang
Annika Greiner
Esther Kammüller
Foto/Video
Thomas Quartier